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Sein Schicksal annehmen

Svetlana nutzt die Möglichkeiten im Velodrom, um sich einerseits auf die Paralympics wie auch auf den Weltrekordversuch vorzubereiten. © SCH/Staudinger

#EINBLICK | Svetlana Moshkovich musste in ihrem Leben schon vieles ertragen und noch mehr verkraften. Hartes Training, volle Leidenschaft, konsequentes Handeln und mentale Stärke sind und dienten in diesem Sinne genauso als Überlebensstrategien wie auch als beeindruckender Weg zum Erfolg. Ihr Schicksal hat sie mittlerweile angenommen und versucht daraus das Beste zu machen. Aktuell trainiert sie in regelmäßigen Abständen in unserem hello yellow Velodrom für ihr großes Ziel – dem Stundenweltrekord mit dem Handbike. Das Velodrom bietet dabei beste Bedingungen zur perfekten Vorbereitung – der eigentliche Rekordversuch wird aufgrund der sichereren Bedingungen in einem geschlossenen Velodrom stattfinden.

Im Herbst 2004 verändert sich das Leben der damals jungen Fremdsprachenstudentin sehr drastisch. 1983 in Krasnojarsk geboren, war ihre Abenteuer- und Lebenslust unbändig und ansteckend. Fremdsprachen hatten es ihr angetan und so studierte sie mit Erfolg und Leidenschaft auf Lehramt in ihrer Heimatstadt – bis zu dem verhängnisvollen Tag im Herbst 2004. Auf der Heimfahrt von einer Hochzeit verunglückte das Auto, in dem Svetlana saß, mit insgesamt fünf jungen Menschen an Board auf der verschneiten Straße. Ihr Freund und ein weiterer guter Freund waren auf der Stelle tot. Svetlana sitzt seit diesem Tag im Rollstuhl und hat ihr Schicksal selbst in die Hand genommen, anstatt damit zu hadern. Nach einigen intensiven Jahren der Rehabilitation und viel Unterstützung von Freunden und Familie, fasste sie neuen Lebensmut. Ein glücklicher Zufall brachte sie damals im Rahmen eines Reha-Aufenthaltes nach Deutschland in die Nähe von Heidelberg.

Andere Welt

Der Aufenthalt war für Svetlana wie ein Tor in eine andere Welt, die sie lieben lernte. Die Bequemlichkeiten in Deutschland waren als Frau im Rollstuhl unvergleichbar mit ihrer Heimat Russland. Sie konnte alleine Bus fahren, Behördenwege erledigen und ihr tägliches Leben alleine bestreiten – im damaligen Russland für sie undenkbar. Sie wollte bleiben und in Deutschland leben. Auf einer speziellen Veranstaltung hatte sie dann den ersten Kontakt mit einem Handbike, dass damals von sehr inspirierenden Guides präsentiert wurde. „Ich durfte das Handbike ausprobieren und war sofort hellauf begeistert. Von diesem Moment an habe ich geistig an meinem Plan gearbeitet, Deutschland und das Handbike irgendwie in mein Leben zu integrieren. Ein Jahr später war es dann so weit. Ich startete das Studium der Computerlinguistik und begann im lokalen Handbike-Team mit vielen motivierten Schicksalsgenossen zu trainieren. Ein wenig später habe ich dann mit Wettkämpfen gestartet und von da an ging es eigentlich stetig bergauf“, erzählt Svetlana im Gespräch. Im russischen Verband war sie eine der ersten Handbiker:innen überhaupt und sorgte damals mit Spitzenplätzen auch für gehörige Furore.

Erfolge

Als Teil des Weltcupteams nahm ihre sportliche Karriere weiter an Fahrt auf und so holte sie schließlich 2012 bei den Paralympics in London den 3. Platz im Zeitfahren über 14 km. Sport wurde in dieser Zeit zum absoluten Lebensmittelpunkt und so entscheid sich die erfolgreiche Handbikerin für einen anderen Weg. Sie machte als eine der ersten versehrten Sportlerinnen die Aufnahmeprüfung für das Sportstudium in Innsbruck und hat dabei den Studienzweig mit Angeboten und ihrer Expertise entscheidend mitgestaltet. 2015 holte sie schließlich den Weltmeistertitel im Zeitfahren und krönte ihren zahlreichen WM-Medaillen final mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft. Seit 2014 lebt sie nun glücklich in Innsbruck und wurde 2022 nicht nur österreichische Staatsbürgerin, sondern holte auch den Weltcup-Gesamtsieg. Das Projekt Stundenweltrekord im Velodrom geistert schon länger in ihrem Kopf herum. Der Startschuss dafür ist gefallen, und bis im Herbst nächsten Jahres hat sie Zeit, ihr Training zu optimieren und ihren Traum zu verwirklichen. Das Handbike wurde für das Training und den Versuch natürlich ebenfalls auf eine fixe und starre Übersetzung umgebaut. Der Weltrekordversuch ist dabei auch Teil der Vorbereitung auf die paralympischen Spiele 2024 in Paris, bei denen sie diesmal für Österreich antreten wird.

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