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Barrierefreiheit: ein Stück Selbstbestimmung

Die nun vorliegende ÖN B 1600 wurde technisch überarbeitet und gesetzlichen Regelwerken (wie z.B. OIB-RL 4) und dem aktuellen Stand anderer Normen angepasst. © iStock/Paul Campbell

#IMPULS | Mit der ÖN B 1600 hat Österreich eine traditionell starke und bedeutende Regelung geschaffen, die gerade neu novelliert und an die Anforderungen der modernen Zeit angepasst wurde. Entstanden in der Nachkriegszeit, wurde die damalige „Krüppelnorm“ aus der puren Not heraus geboren, da der Bedarf in den Jahren nach dem Krieg enorm war. Die laufenden Novellierungen seither haben die Norm zu einem wichtigen und wirkungsvollen Instrument für Menschen mit Behinderungen gemacht. Wir haben darüber mit dem selbst betroffenen und renommierten Sachverständigen und Experten Hannes Wiesinger gesprochen.

In der aktuellen Ausgabe der ÖN B 1600 werden die Planungsgrundlagen für die barrierefreie Gestaltung und Nutzung unserer gebauten Umgebung festgelegt. Sie ist die nationale Umsetzungsnorm zur ÖVE/ÖNORM EN 17210 – „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung – Funktionale Anforderungen“. Die nun vorliegende ÖN B 1600 wurde technisch überarbeitet und gesetzlichen Regelwerken (wie z.B. OIB-RL 4) und dem aktuellen Stand anderer Normen angepasst. Die inhaltliche Struktur wurde zur Verbesserung der Lesbarkeit geändert. Die Anforderungen an Rampen, Türen, Treppen, Fahrkorbabmessungen, vertikale Hebeeinrichtungen, Flucht- und Rettungswege („Brandschutz für alle“), Wegeführung und Orientierung, Informations- und Servicestellen sowie an visuelle Kontraste wurden angepasst. Weiters wurden einige normative, aber auch informative Anhänge aufgenommen.

Bewusstsein & Planung

80 Prozent der Betroffenen werden von ihren Angehörigen betreut. Insofern ist es außerordentlich wichtig, diese Gruppe  Menschen in der Planung mit zu bedenken. Dabei spielen oft Kleinigkeiten eine große  Rolle. Eine Stufe innerhalb der Neubauwohnung kann zu einem extremen Beschwernis werden – um nur ein kleines Beispiel zu nennen“, erklärt Wiesinger. Hannes Wiesinger ist selbst Betroffener und seit einem Brand in Istanbul mit dem Rollstuhl unterwegs. Seither hat er als gerichtlich beeideter Sachverständiger, Berater und Fachmann für barrierefreies Bauen einen neuen Lebensinhalt gefunden. „Die laufende Novellierung der ÖN B 1600 ist ein sehr wichtiger Prozess, um das Leben vieler Menschen mit Behinderung zu verbessern. Wir wollen auch bei den Planenden beziehungsweise Ausführenden das Verständnis für das Thema zum Selbstverständnis entwickeln. Es mangelt teilweise noch immer an der Aufklärung der Menschen. Selbstbestimmung ist dabei eines der zentralen Themen. Je eigenverantwortlicher ich meinen Alltag bewerkstelligen kann, desto besser für alle – heißt da eine Devise. Kleinigkeiten, an die ein nicht beeinträchtigter Mensch nicht einmal denken würde, stellen viele Betroffene  vor enorme Herausforderungen. Genau darum geht es bei der laufenden Novellierung dieser wichtigen Ö-Norm.

Spezielle Konzepte

Die Gleichberechtigung wird auch auf diesen Ebenen immer wichtiger. Darum ist es entscheidend, dass bei Neubauten von Anfang an Fachleute für barrierefreies Bauen hinzugezogen werden, um möglichst bald potenzielle Probleme auszuloten und, wenn geht, gar nicht erst aufkommen zu lassen. Gerade im Bereich Brandschutz gibt es wichtige Aspekte, die gemeinsam mit den Einsatzbehörden erörtert werden müssen. So  müssen auch Rollstuhlfahrer im Brandfall sofort und einfach evakuiert werden können.  Die horizontale Flucht in einen gesicherten Bereich und einen anderen Brandabschnitt muss gewährleistet sein. Von dort können die Einsatzkräfte dann die betroffenen Personen bergen“, erörtert Hannes Wiesinger.

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